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Stress kommt Unternehmen teuer zu stehen

19. Mai 2020 / Allgemein
Resilienz

Stress ist nicht nur tragisch für den Einzelnen, da er krank macht (siehe mein letzter Blogbeitrag). Stress ist auch teuer für die Unternehmen, denn er senkt die Arbeitsqualität und Produktivität der betroffenen Mitarbeitenden und hat Auswirkungen auf die anderen Team-Mitglieder. Mit gravierenden Folgen: die Gesundheitsförderung Schweiz schätzt in ihrem Job-Stress-Index 2018 die Kosten von Stress für Unternehmen in der Schweiz auf CHF 6,5 Mrd., den höchsten Wert seit Messbeginn in 2014.

Gut ein Viertel der arbeitenden Schweizer Bevölkerung sagt selber von sich, dass sie mehr Belastungen als Ressourcen habe – also unter Stress leide. Sogar fast 30% sind emotional erschöpft. In der EU ist arbeitsbedingter Stress das zweihäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem. Und mehr als ein Viertel der Ausfallzeiten von mindestens zwei Wochen, die durch arbeitsbedingte Erkrankungen entstehen, werden durch arbeitsbezogenen Stress verursacht, wie die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in ihrem Report von 2017 feststellte. In Deutschland haben sich die Krankheitsfälle wegen Burnout zwischen 2007 und 2017 denn auch mehr als vervierfacht. Und die Anzahl Krankentage wegen Burnout stiegen noch stärker.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass eine psychische Erkrankung im Schnitt zu einem Monat Arbeitsausfall (30,4 Kalendertage) führt. Das ist doppelt so lang wie der Durchschnitt und nach Krebs der zweithöchste Wert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beziffert den volkswirtschaftlichen Schaden durch Stress am Arbeitsplatz in Europa und Nordamerika jährlich auf über USD 120 Mrd. Alleine in der Schweiz werden die Kosten von Stress für Unternehmen auf CHF 6,5 Mrd. geschätzt – dies gemäss des von der Gesundheitsförderung Schweiz erstellten Job-Stress-Indexes (neuste Zahlen von 2018).

 

Die Vor-Burnout-Phase ist noch teurer

Zahlen, die uns zu denken geben müssen. Doch noch viel teurer als die zunehmenden Burnout-Fälle kommt die Unternehmen zu stehen, dass sehr viele ihrer Mitarbeitenden aufgrund von Stress nicht mehr voll leistungsfähig sind. Die betroffenen Arbeitnehmer leisten schon lange vor einem Zusammenbruch bis zu 40 Prozent weniger als ihre gesunden Kollegen. Welches sind denn die konkreten Auswirkungen von Stress auf die Produktivität der Mitarbeitenden:

 

 

Die Jüngeren sind stärker betroffen

Eine Entwicklung gibt mir besonders zu denken: in meiner Coaching-Praxis stelle ich fest, dass immer mehr jüngere Menschen unter starken Stresssymptomen leiden. So habe ich seit rund zwei Jahren bei mir im Stress-Coaching mehrere Personen im Alter zwischen 22 und 26 Jahren (in ihrem ersten Job nach Lehre oder Studium). Gründe für diese Entwicklung sind meiner Erfahrung nach u.a. das starke Vergleichen untereinander in sozialen Medien und die Abhängigkeit von digitalen Geräten. Aus Unternehmen höre ich zudem, dass Stress häufig schon bei Lehrlingen ein grosses Thema ist, dies aus den gleichen Gründen.

Bestätigt werden diese Erfahrungen aus dem Alltag durch den Job-Stress-Index der Gesundheitsförderung Schweiz, die festgestellt hat, dass die grössten Produktivitätsverluste durch Stress bei den 16-24-Jährigen anfallen und dass jüngere Erwerbstätige häufiger ein ungünstigeres Verhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen aufweisen als ältere. Wenn man davon ausgeht, dass sich dies für diese Altersgruppe ohne Massnahmen nicht bessert, muss man damit rechnen, dass die Unternehmen künftig noch höhere Produktivitätsausfälle wegen Stress erleiden werden.

 

Stressprävention lohnt sich

Meine praktische Erfahrung zeigt, dass bei vielen Firmen das Bewusstsein steigt, dass es sich für sie (und ihre Mitarbeitenden) lohnt, dieses Thema anzugehen – aber leider noch bei weitem nicht bei allen. Pointiert, aber richtig, wird diese Haltung im Dossier Burnout von www.die-ratgeber.info zusammengefasst: „Für die ‚Wartung der Maschinen‘ wenden Unternehmen meist mehr Zeit und Geld auf als für die ‚Wartung der Mitarbeiter‘“.

Also höchste Zeit, in die Stressprävention zu investieren. Denn der Aufwand lohnt sich, nicht nur für den einzelnen Mitarbeitenden, sondern auch für das Unternehmen. Studien zeigen: Stresspräventions-Massnahmen bringen – konservativ gerechnet – einen Return on Investment von geschätzten 1:3 bis 1:5.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die rechtliche Komponente. Die Unternehmen haben nämlich eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitenden, auch in Zusammenhang mit Stress. Mehr zu diesem Thema in meinem Interview mit dem CEO von SIZ Care: https://www.stressandbalance.ch/2018/12/04/zum-thema-stress-werden-sich-vermehrt-haftungsfragen-stellen/.

 

© Claudia Kraaz

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