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Stress macht krank

21. April 2020 / Allgemein
Resilienz

„Ich bin im Stress“ – eine Aussage, die man heute sehr häufig hört. Stress sollte man jedoch nie auf die leichte Schulter nehmen. Denn zu viele und zu lang anhaltende Belastungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Psyche, sondern können auch zu ernsthaften, ja sogar lebensbedrohlichen Krankheiten führen. So kann chronischer Stress z.B. einen Herzinfarkt, Diabetes, ein stark geschwächtes Immunsystem oder schwerwiegende Verdauungsstörungen zur Folge haben.

Stress ist – entwicklungstechnisch gesehen – eigentlich nur eine körperliche Reaktion auf eine Situation, die ich persönlich – Stress ist absolut subjektiv – als Belastung empfinde. Wenn ich das Gefühl habe, dass ein moderner Säbelzahntiger um die Ecke kommt, schreit das Gehirn: „Alarm!“. Es  werden kurzfristig die Hormone Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, verzögert das Hormon Cortisol. Das führt zu körperlichen Reaktionen wie z.B.:

 

 

Konsequenz: ich bin in einer Bedrohungssituation bereit, zu kämpfen oder zu flüchten. Der Körper ist also ein Wunder: er bringt uns in einer Stresssituation durch chemische Reaktionen in eine absolute Handlungsfähigkeit und dämpft gleichzeitig alle nicht überlebensnotwendigen Funktionen. Das Gehirn erhält mehr Energie, unsere Muskeln sind angespannt. Aufmerksamkeit, Entscheidungsschnelligkeit und Gedächtnisleistung werden verbessert.

 

Problem Dauerstress

Sie fragen sich vielleicht nun: was ist denn das Problem? Nicht eine einzelne Stresssituation, von der sich unser Körper wieder erholen kann. Die Stresshormone werden abgebaut, und wir können uns regenerieren. Fast der Normalfall in der heutigen schnelllebigen Welt ist jedoch, dass wir eine Stresssituation nach der anderen haben – dass sich unser Körper deshalb gar nicht mehr richtig erholen kann. Vor allem das verzögert ausgeschüttete Cortisol kann nicht genügend abgebaut werden und bleibt in unserem Körper – mit verheerenden Folgen für unsere körperliche und geistige Gesundheit und Funktionsfähigkeit:

 

Herz:  Stress erhöht das Risiko gefährlicher Ablagerungen an den Blutgefäss-Wänden. Damit steigt die Gefahr, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Zudem besteht das Risiko bei dauernden Belastungen, dass der Blutdruck chronisch zu hoch bleibt.

Blutzucker:  Cortisol vermindert die Wirkung von Insulin, das für die Regulierung des Blutzuckerspiegels zuständig ist. Die Bauchspeicheldrüse kompensiert diesen Effekt lange, indem sie mehr Insulin freisetzt. Doch irgendwann ist sie erschöpft, was das Diabetes-Risiko stark erhöht.

Immunsystem:  In einer akuten Stresssituation wird das Immunsystem kurzfristig angeregt, aber durch die verzögerte Ausschüttung von Cortisol wird es danach gedämpft, damit ich mehr Energie habe zum Handeln. Wenn der Stress zu lange anhält, funktioniert die körpereigene Cortisol-Regulation nicht mehr. Es wird dauernd neues Cortisol ausgeschüttet, was zu einer permanenten Dämpfung des Immunsystems führt. Da das Immunsystem und das Nervensystem Schnittstellen haben, beeinflusst ein schlecht funktionierendes Immunsystem auch das Nervensystem negativ.

Muskulatur:  In einer Belastungssituation spannen sich die Muskeln an, um bereit zu sein für den Kampf oder die Flucht. Chronischer Stress führt deshalb zu Verkrampfungen in Rücken und Nacken (z.T. mit damit verbundenen Kopfschmerzen), manchmal auch zu einer Enge in der Brust.

Verdauung:  In einer akuten Stresssituation krampft sich der Magen zusammen. Mit der Zeit wird dadurch die Darmschleimhaut durchlässiger, wodurch Krankheitserreger leichter eindringen können. Da zudem in einer Bedrohungslage die Verdauung – weil nicht überlebensnotwendig – abgestellt wird, funktioniert sie mit der Zeit nicht mehr richtig.

Gehirn:  Wie oben erwähnt, kann das Gehirn bei lang anhaltendem Stress den Cortisol-Spiegel nicht länger regulieren. Daher gelangt immer mehr Cortisol ins Blut und bleibt im Körper. Ihren Cortisol-Spiegel können Sie übrigens mit einem Speicheltest messen lassen, wenn Sie wissen wollen, wie viel Cortisol sich in Ihrem Körper befindet. Zudem übernimmt beim chronischen Stress das körpereigene Angstzentrum im Gehirn, die Amygdala, das Regime. Dies führt dazu, dass die Bereiche für rationales Denken schrumpfen und Selbstzweifel, negative Denkweisen und Angstzustände zunehmen. Negative Gedanken haben erfahrungsgemäss bei einigen Krankheiten oder Operationen (z.B. HIV, gewisse Krebsarten, nach Bypass-Operationen) einen Einfluss darauf, ob ihr Verlauf besser oder schlechter ist. Zudem hat eine angeregte Amygdala einen Einfluss auf die Schlafqualität. Meine langjährige Erfahrung als Stress-Coach hat mir gezeigt, dass Schlafstörungen bei chronischem Stress immer dazu gehören. Ich hatte noch keinen Stress-Coaching-Kunden, der keine Schlafstörungen hatte.

 

Solch gravierende Auswirkungen von Stress auf unsere Gesundheit vermindern logischerweise auch unsere Funktionsfähigkeit und unsere Produktivität im Arbeitsleben. Wie sich das konkret äussert und welche Auswirkungen dies auf den Unternehmenserfolg hat, erläutere ich Ihnen in meinem nächsten Blogbeitrag.

 

P.S.: Wer mehr wissen möchte über die häufigsten externen (von aussen getriebenen) und internen (hausgemachten) Stressfaktoren, kann meinen früheren Beitrag lesen: https://www.stressandbalance.ch/2016/08/23/was-ist-ueberhaupt-stress/. Und hier finden Sie mehr Infos zu Burnout-Früherkennungs-Symptomen und was man als Unternehmen und einzelne Führungskraft dazu beitragen kann, um einen Burnout eines Mitarbeitenden zu verhindern: https://www.stressandbalance.ch/2016/05/31/burnout-was-kann-ich-als-fuehrungskraft-tun/.

 

© Claudia Kraaz

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