Veränderung: was Sie als Führungskraft tun können
Im letzten Blog (Link) habe ich Ihnen erläutert, was Veränderungen mit Menschen machen. Heute zeige ich Ihnen auf, wie Sie als Führungskraft erfolgreich eine Change-Phase bewältigen – was Sie unbedingt beachten und was Sie lassen sollten. Wichtigste Tipps: lassen Sie den Mitarbeitenden Zeit, um zu verarbeiten, hören Sie ihnen zu, geben Sie ihnen so viele Informationen wie möglich und seien Sie klar und verbindlich. Sie können in einer Veränderungsphase gar nicht genug kommunizieren.
Als Führungskraft ist es unabdingbar, sich vor einem Veränderungsprozess bewusst zu werden, was der Wandel bei Menschen auslöst. Nur wenn man weiss, was hinter den Reaktionen der Mitarbeitenden steckt, kann man Change-Prozesse gut bewältigen. Wie ich Ihnen im letzten Blog erklärt habe, gehen die meisten Menschen bei einer nicht selbst initiierten Veränderung nach dem ersten Schock in den Widerstand, da sie schlicht und einfach Angst vor den Konsequenzen haben.
Man muss sich dabei bewusst sein: Widerstand kann ganz verschiedene Gesichter haben. Der deutsche Change-Management-Berater Winfried Berner (Interviewpartner in meinem nächsten Blog) zählt als wichtigste Formen des Widerstands folgende auf: ruppige Zurückweisungen, lange Monologe, endlose Diskussionen, herablassende Belehrungen, mangelnde Erreichbarkeit, Intrigen, Attacken aus dem Hinterhalt, offene oder versteckte Drohungen usw. Die Formen reichen also von offener Aggression (verbal oder nonverbal) bis zu passivem Widerstand (verbal oder nonverbal).
Keine Veränderung ohne Widerstand
Einen Veränderungsprozess ohne Widerstand gibt es nicht. Er erfüllt eine Schutzfunktion, denn der Mensch fühlt sich in seinem Innersten bedroht. In der Steinzeit galt es, beim Auftauchen eines Säbelzahntigers zu flüchten, anzugreifen oder sich tot zu stellen. Heute – erläutert Berner – sind die Reaktionsmuster immer noch genau gleich, aber sie sind nicht mehr physisch, sondern nur noch kommunikativ. Ihre Kommunikation als Führungskraft entscheidet also darüber, ob Sie Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten können oder nicht.
Was Sie unterlassen sollten:
- Mit dem Widerstand der Mitarbeitenden hadern.
- Nicht unnötig die negative Stimmung anheizen, z.B. indem Sie selber in Widerstand zum Widerstand gehen oder mit der Brechstange agieren. Man sollte nicht versuchen, den Widerstand zu brechen, da sonst gemäss Berner die Bedrohlichkeit für die Mitarbeitenden weiter steigt. Widerstand muss mit viel Geduld und Kommunikation zum Schmelzen gebracht werden.
- Für den Umgang mit Ängsten ist es irrelevant, ob sie rational berechtigt sind. Berner nennt Ängste „subjektive Realität“. Wer Angst hat, hat eine verzerrte Wahrnehmung und macht irrationale Interpretationen. Beschwichtigen („ist ja nicht so schlimm!“) oder den Mitarbeitenden ihre Gefühle ausreden wollen ist deshalb kontraproduktiv. Gehen Sie auf ihre Ängste ein. Lassen Sie sie erzählen. Als Coach habe ich schon oft die Erfahrung gemacht, dass reden können schon mal eine erste Linderung bringt, auch wenn sich die Situation selbst noch gar nicht verändert hat.
Hilfreiches Vorgehen:
- Seien Sie sich bewusst: jede Veränderung ist für den Menschen schmerzhaft und braucht Zeit, viel Zeit – und damit auch viel Geduld von Ihnen. Ängste können nicht vermieden werden.
- Versuchen Sie, Ängste frühzeitig wahrzunehmen und kommunikativ auf sie einzugehen, z.B. indem Sie fragen, wie es dem Mitarbeitenden geht und was er gerade braucht. Nehmen Sie seine Ängste wahr und ernst. Lassen Sie Emotionen zu und halten Sie sie aus.
- Ängste aktivieren ein Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit. Vermitteln Sie den Mitarbeitenden, dass man sich um sie kümmert, sie also nicht alleine lässt.
- Wer Angst hat, ist tendenziell misstrauisch. Deshalb empfiehlt es sich, möglichst persönlich (also ja nicht schriftlich), offen und detailliert zu kommunizieren und baldmöglichst für klare Verhältnisse zu sorgen, was die Veränderungen im Detail für die einzelnen Mitarbeitenden bedeuten. Wenn Sie dies zu Beginn noch nicht wissen, zeigen Sie auf, bis wann alle Einzelheiten klar sind und wo Mitgestaltungsmöglichkeiten bestehen. Kommunizieren Sie unangenehme Informationen baldmöglichst. Denn monatelange Ungewissheit ist noch schlimmer.
- Die Mitarbeitenden müssen den Sinn und die Notwendigkeit des geplanten Wandels verstehen. Erklären Sie die Hintergründe, auch mehrmals.
- Stellen Sie Fragen, z.B. nach ihren grössten Ängsten, dem Worst-Case-Szenario usw. Fragen Sie, was die Leute tun würden, wenn letzteres eintreten würde. Dadurch fühlen sich die Leute ernst genommen und realisieren zudem, dass sie weiterhin handlungsfähig sind.
- Werden Sie sich bewusst, in welcher Phase der Veränderung die einzelnen Mitarbeitenden sind (Schock, Widerstand, Krise, rationales Akzeptieren, emotionales Akzeptieren und Chancen sehen – Details siehe letzter Blog [LINK]). Welche Schritte braucht der Mitarbeitende in der jeweiligen Phase?
- Nach der Ankündigung einer Veränderung geht es vor allem ums Informieren, Zuhören und Verständnis zeigen. Rein rationales Argumentieren bringt in dieser Phase gar nichts.
- Nach dem ersten Schock gehen viele Mitarbeitende in die Vermeidungsstrategie: die Veränderung braucht es doch gar nicht. Es läuft ja gut! Hier müssen Sie klar und deutlich sein: der Wandel ist aus den Gründen xyz notwendig und unausweichlich.
- Wenn die Mitarbeitenden einmal rational akzeptiert haben, dass die Veränderung nicht mehr aufzuhalten ist, diskutieren Sie mit ihnen, was das für sie persönlich bedeutet, und unterstützen Sie sie darin, herauszufinden, wie sie die neuen Herausforderungen bewältigen können.
- Damit das Bisherige auch emotional hinter sich gelassen werden kann, hilft es, wenn man das Vergangene würdigt, nicht schlecht macht. So können die Menschen besser loslassen.
- Wenn möglich, lassen Sie die Mitarbeitenden den Veränderungsprozess mitgestalten. Dann verfliegen die Ängste schneller, da die Leute spüren, dass sie Einfluss auf ihre eigene Zukunft nehmen können.
- Wecken Sie die Neugier der Mitarbeitenden. Bieten Sie ihnen Entwicklungsmöglichkeiten. Richten Sie deren Blick auf die Zukunft, also auf die Chancen, und bestärken Sie die Betroffenen darin, dass Sie ihnen den Schritt zutrauen.
- Ermöglichen und feiern Sie kleine Erfolge. Diese stärken das Selbstvertrauen.
- Fördern und belohnen Sie Pioniere. Diese reissen andere mit und regen zum Nachahmen an.
- Seien Sie sich bewusst, dass die Aufbruchsstimmung erst kommt, wenn die Neuerungen mindestens teilweise umgesetzt sind.
- Führen Sie im gesamten Veränderungsprozess Ihre Mitarbeitenden enger als sonst.
Geduld, Kommunikation und Inspiration sind also die Schlüsselkomponenten einer erfolgreichen Veränderung. Und zum Abschluss als Gedankenanregung ein Zitat von Kaiser Wilhelm II, bis 1918 der letzte deutsche Kaiser: „Willst du dein Land verändern, verändere deine Stadt. Willst du deine Stadt verändern, verändere deine Strasse. Willst du deine Strasse verändern, verändere dein Haus. Willst du dein Haus verändern, verändere dich selbst.“
© Claudia Kraaz