MAN KANN NICHT NICHT KOMMUNIZIEREN
Diesen Spruch von Paul Watzlawick, einem österreichischen Kommunikationswissenschaftler, haben Sie sicher auch schon gehört. Doch was bedeutet er genau? Ganz einfach: man kommuniziert immer – ob man will oder nicht, ob man redet oder nicht. Denn es ist unmöglich, dem Gegenüber keine Signale (verbale oder nonverbale) zu senden. Aus einem einfachen Grund: Kommunikation ist nicht nur Information, und Kommunikation ist nicht nur Sprechen.
Wussten Sie, dass nur 7% der Wirkung, die Sie mit Kommunikation erzielen, vom Inhalt abhängt, den Sie vermitteln? 93% der Wirkung erzielen Sie mit der Art und Weise, wie Sie diesen Inhalt darlegen: 53% mit Ihrer Erscheinung und der Körpersprache sowie 38% mit Ihrer Stimme und dem Tonfall (dazu mehr in einem anderen Blogbeitrag). Wir wählen ja oft – gerade bei der Vorbereitung einer Rede oder Präsentation – unsere Worte mit grossem Bedacht. Aber geben wir auch entsprechend Acht auf das Wie unserer Kommunikation? Viele von uns sicher zu wenig. Schauen Sie sich doch mal ein Video von Ihnen an. Dann erfahren Sie viel mehr über Ihre Wirkung.
Am wirksamsten ist Kommunikation, wenn Inhalt, Tonfall und Körpersprache zusammenpassen. Also wenn Sie meinen, was Sie sagen – wenn das Gegenüber spürt, dass Sie authentisch sind. Gleichzeitig kann Ihr Gesprächspartner auch etwas zur gegenseitigen Verständigung beitragen: indem er aktiv zuhört und konstruktiv Rückmeldungen gibt. Ob verbal oder nonverbal (z.B. mit Nicken).
Immer auch Beziehungsebene
Viele Menschen setzen jedoch Kommunikation gleich mit Information und mit Sprechen. Doch, wie Watzlawick festgestellt hat, tritt man immer in eine Beziehung zum Gegenüber, wenn man kommuniziert. Vielleicht nehmen Sie unbewusst die Stimmung wahr, in der sich Ihr Gesprächspartner befindet, und sagen das, was Sie sagen wollten, auf eine andere Art und Weise oder erwähnen nur einen Teil davon. Beeinflusst wird die Art der Kommunikation auch von der Beziehung, die die zwei Involvierten miteinander haben. Zwei Freunde sprechen anders miteinander als ein Chef und sein Mitarbeitender.
Bei einer rein schriftlichen Kommunikation ist es schwieriger, das Gegenüber wahrzunehmen. Es fehlen die nonverbalen Signale. Deshalb gibt es in der schriftlichen Kommunikation häufiger Missverständnisse. Es gibt ganz einfach mehr Interpretationsspielraum, was der Absender genau gemeint oder beabsichtigt hatte. Achten Sie deshalb in Ihrer Kommunikation in den sozialen Netzwerken darauf, wie Ihre Kommunikation verstanden werden könnte. Würden Sie einen Inhalt genau gleich z.B. auch an einer öffentlichen Veranstaltung sagen oder quer über die Strasse rufen? Was könnte er bei anderen Menschen auslösen?
Vier Ebenen der Kommunikation
Friedemann Schulz von Thun, ein deutscher Kommunikationswissenschaftler und Psychologe, hat den Ansatz von Watzlawick weiterentwickelt und festgestellt, dass es vier Ebenen der Kommunikation gibt:
- Eine sachliche Ebene: die Information
- Eine Beziehungsebene: ich zeige, was ich vom Gegenüber halte (verbal oder nonverbal) und wie wir zueinander stehen
- Selbstoffenbarung: ich gebe etwas von mir preis
- Appell: ich möchte mein Gegenüber zu einer Handlung veranlassen, einer Einschätzung, einer Entscheidung usw.
Die häufigsten Kommunikationsfehler, die wir machen, hat Maria Geipel von www.alphalernen.de treffend zusammengefasst:
- Zu denken, dass man ohne Beziehungsaspekt kommunizieren kann – also rein faktenorientiert.
- Bei Missverständnissen nach einem Schuldigen zu suchen, anstatt sich um Lösungen zu bemühen. Meine Bemerkung dazu: häufig empfindet bei einem Konflikt jeder seine Version als wahr, aber eine objektive Meinung dazu gibt es nicht – mehr dazu in meinem Blog zu Konfliktmanagement, der bald erscheinen wird.
- Sich die eigenen Einstellungen und Erwartungen bezüglich der Kommunikationssituation nicht bewusst zu machen.
- Zu glauben, dass das Gesendete immer so verstanden wird, wie es auch beabsichtigt wird.
Zu Letzterem: es ist nicht entscheidend, was Sie aussenden möchten, sondern das, was beim Empfänger ankommt. Und da läuft sehr viel auf der unbewussten Ebene ab. Was schlussendlich darüber entscheidet, wie Ihre Botschaft ankommt, sind die folgenden Empfindungen beim Empfänger:
- Spürt der Empfänger Ihre Wertschätzung?
- Reden Sie für ihn verständlich, ohne für ihn unnötige Fachwörter, also in seiner Sprache?
- Sind Sie authentisch? Meinen Sie wirklich, was Sie sagen?
- Ist Ihr Interesse ehrlich? Enthält Ihre Botschaft keine versteckten Appelle?
Resiliente Menschen können sich in andere Leute hineinversetzen und kommunizieren entsprechend. Sie hören aktiv zu und geben konstruktive Rückmeldungen. Sie können Vertrauen bei den Leuten wecken, was den Boden dafür bereitet, dass sie auch einmal eine schwierige Botschaft vermitteln können, ohne dass dies die Beziehung zum Gegenüber gleich zerstört. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!
© Claudia Kraaz