KONFLIKT-MANAGEMENT IST EMOTIONS-MANAGEMENT
Kaum jemand liebt Konflikte. Aber gleichzeitig sind wir sehr häufig mit ihnen konfrontiert, und sie kosten uns meistens sehr viel Energie. Deshalb ist es wichtig, dass wir lernen, wie wir sie vermeiden und wie wir sie lösen. Das Wichtigste vorab: Konflikt-Management ist IMMER Emotions-Management. Wie manage ich also die Emotionen meines Gegenübers und meine eigenen?
„Es gibt Studien, die zeigen, dass Führungskräfte bis zu 30% ihrer Zeit mit Konfliktklärung verbringen und dass etwa 15% der Gesamtarbeit eines Unternehmens mit Konfliktbewältigung zu tun hat“, sagt Ursula Wawrzinek, deutsche Konfliktberaterin und Autorin von „Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten“. Mit meiner Erfahrung als Konflikt-Coach kann ich sagen: ich denke, sie hat Recht – und auch wenn Sie keine Führungskraft sind, dürften Sie immer wieder mit Konflikten konfrontiert werden. Das Schwierige daran: Konflikte kosten meistens sehr viel Energie und belasten einem häufig über den Zeitpunkt des Konflikts hinaus, sind also Energiefresser mit langer Halbwertszeit.
Wieso entstehen denn überhaupt Konflikte? Thomas Hobbes, englischer Philosoph aus dem 17. Jahrhundert, führte damals schon drei Hauptgründe an: Konkurrenz, Mangel an Selbstvertrauen und Sucht nach Anerkennung – also keine rein sachlichen Gründe. Man streitet zwar meistens über eine bestimmte Sache, aber der eigentliche Grund liegt ganz woanders. Das ist entscheidend, wenn man Konflikte lösen (dazu im nächsten Blog am 22. Mai) oder – noch besser – vermeiden will.
Konflikte vermeiden
Was kann ich nun tun, um Konflikte möglichst zu vermeiden? Wenn Sie z.B. mit einem Kollegen am Arbeitsplatz ein Thema ausdiskutieren möchten, wählen Sie dafür einen günstigen Zeitpunkt. Ihr Kollege darf nicht verärgert, gestresst oder in Zeitnot sein – und Sie selber auch nicht. Denn sonst braucht es nicht viel, bis der Dampfkochtopf explodiert. Bevor Sie auf Ihren Gesprächspartner zugehen, überlegen Sie auch, was eigentlich Ihr Motiv ist, wieso Sie eine Aussprache wollen. Möchten Sie einfach etwas loswerden? Möchten Sie etwas klären? Oder wollen Sie Ihre Beziehung zu Ihrem Gesprächspartner verbessern? Letzteres wäre selbstverständlich das Ideale.
Und welche Tipps gibt es für das effektive Gespräch, um möglichst einen Konflikt zu vermeiden:
- Zeigen Sie Ihrem Gegenüber Wertschätzung. Jeder, wirklich jeder Mensch braucht Wertschätzung.
- Geben Sie Feedback, anstatt Kritik zu üben – ein kleiner, aber wichtiger Unterschied in Ihrer Haltung und wie Sie Ihr Anliegen anbringen.
- Seien Sie offen und ehrlich, ohne unhöflich zu sein.
- Bleiben Sie bei den Fakten.
- Gestehen Sie auch eigene Fehler ein und zeigen Sie, dass Sie über sich reflektieren können.
- Kommunizieren Sie in Ich-Sätzen. Machen Sie keine Vorwürfe („du hast…“), sondern erläutern Sie Ihrem Gegenüber, wie etwas bei Ihnen angekommen ist, was es bei Ihnen ausgelöst hat. Vielleicht war er sich dessen gar nicht bewusst. Denn wenn jemand A sagt, kommt nicht immer A beim Gesprächspartner an, sondern vielleicht B oder C.
- Stellen Sie Fragen, anstatt Behauptungen aufzustellen. Damit zeigen Sie Interesse an seiner Perspektive, klären potenzielle Missverständnisse und heizen eine vielleicht gereizte Stimmung nicht noch weiter an.
- Formulieren Sie Ihr Anliegen, wie Sie es tun würden, wenn Sie es an sich selber richten würden
- Beschränken Sie sich auf das eine Thema, für dessen Besprechung Sie sich getroffen haben, und vermeiden Sie Pauschalvorwürfe (Stichwort: „immer“).
- Schieben Sie einen Konflikt nicht vor sich her. Wenn Sie eine inhaltliche Differenz nicht klären können und dies nicht gleich ansprechen, wird die Differenz in Ihrer Wahrnehmung immer grösser – und Ihr Ärger auch.
Das Wie in Ihrer Kommunikation
Ratsam ist auch, die Palette des nicht-aggressiven Verhaltens einzusetzen:
- Stimmen Sie Ihrem Gegenüber selektiv zu: „In diesem Bereich gebe ich Ihnen Recht…“. Das stimmt das Gegenüber milde, wodurch er eher bereit ist, einen Kompromiss zu finden.
- Lassen Sie offen, was Sie über etwas denken: „Ich habe gehört, was Sie gesagt haben…“ oder „Und weiter?“ Der Andere fühlt sich wahrgenommen, ohne dass Sie offen legen, was Sie davon halten.
- Paraphrasieren Sie: „Sie haben gesagt, dass…“. Wenn Ihr Gegenüber etwas Anderes gemeint hat, kann er widersprechen, so dass es zu keinen Missverständnissen kommt.
- Das Gesagte umdeuten: „Ich verstehe Ihre Bemerkung so, dass…“ Auch hier kann Ihr Gesprächspartner Ihnen sagen, ob Sie das Gleiche verstanden haben, wie er gemeint hat.
Aber nicht nur das Gesagte ist wichtig bei einem Konflikt. Auch die Körpersprache hat einen grossen Einfluss, wie etwas bei Ihrem Gegenüber ankommt (mehr dazu in meinem Blogbeitrag zum Thema Kommunikation). Achten Sie deshalb auf:
- Die Offenheit Ihrer Haltung
- Ihre Mimik
- Ihre Gestik
- Ihren Tonfall
- Die Kongruenz: stimmen Inhalt und Körpersprache überein?
- Ihr Verhalten im Raum: bewegen Sie sich weg von Ihrem Gegenüber oder auf Ihn zu?
- Haben Sie Blickkontakt?
Ihr Gesprächspartner nimmt alles wahr – bewusst oder unbewusst. Und seine Interpretationen des Gesagten und Gesehenen haben einen Einfluss auf seine Emotionen und dadurch auf seine Reaktionen. Nächstes Mal dann mehr zum Thema, wie Sie die Emotionen Ihres Gegenübers und Ihre eigenen beeinflussen können, wenn ein Konflikt schon ausgebrochen ist.
© Claudia Kraaz